Text und Stimme zum Bild von Lars Görg. Einige Male schon haben Künstler den toten Christus so schonungslos gemalt wie Lars Theuerkauff: Gruenewald, Holbein der Jüngere, Cranach - und sicherlich noch manche mehr, Die Augen sind nach oben verdreht, der Mund halb geöffnet, die Haare zerzaust. Es ist der Anblick, der sich mir bei der Grablegung Christi geboten hätte. J. S. Bach lässt an der Stelle in der Matthäus-Passion“, als Jesus sein Haupt neigt und stirbt, von Paul Gerhards „O Haupt voll Blut und Wunden“ folgende Strophe von einem gewaltigen Chor in äusserstem Pianissimo singen: "Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir. Wenn ich den Tod soll leiden, so tritt Du dann herfür. Wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein, so reiß mich aus den Ängsten kraft deiner Angst und Pein!" In diesem sterbenden Jesus haben sich die Menschen in Pest-, Cholera- und Kriegszeiten wiedergefunden und haben sich mit ihm identifiziert. Ich halte es jedenfalls nicht für Zufall, dass Lars Theuerkauff diese Arbeit inmitten der andauernden Pandemie schuf. Lars Theuerkauff präsentiert den toten Christus in einer Momentaufnahme und in schonungslosem Realismus. Die Konfrontation ist immens; jene mit dem Menschsein des Gottessohnes. Lars Theuerkauffs Christus ist ganz Mensch, weil er ganz tot ist. Hier verweist nichts darauf, dass er dereinst auferstehen soll. Er ist gänzlich einsam. Kein trauerndes Personal, das ihn begleitet, wie sonst üblich in solchen Darstellungen. Abgelegt an einem Ort, an dem er wie jeder andere Tote sich endgültig selbst überlassen ist. Das vierte der sieben letzten Worte Jesus' am Kreuz ist das mir liebste. Aber nicht nur deshalb mag ich es dem Bild in den Mund legen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Markus 15,34; Matthäus 27,46 )
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