Von Lars Theuerkauff Es gibt einen Aspekt in der Malerei, den ich besonders liebe und zwar wie verschiedene Zeitphänomene aufeinanderprallen. Beim Malen geht es oft hektisch zu - Farbe fliegt über die Leinwand, wird gekratzt, gerieben, verläuft. Wenn ich meine Leinwände mit Wasser besprühe, schmilzt die Farbe. Ein Foto bildet zumeist die Sekunde ab, in der es geschossen wird. Ein Gemälde besteht aus Hunderten von klitzekleinen Entscheidungen, Gelegenheiten, dem Wunsch einzugreifen oder etwas stehen zu lassen. Vorgetrocknete Farbschichten zersplittern, wenn ich sie über die Bildoberfläche verteile. Alles passiert durch Zufall und Gelingen. Es ist manchmal, als würde ich viel mehr dem Entstehen eines Gemäldes beiwohnen, als das ich selbst meine Finger im Spiel hätte. Wenn das Bild fertig ist, hat man es mit einem ganz anderen Aspekt von Zeit zu tun. All die Farbschichten, Kleckser, Spritzer, die über Wochen manchmal Monate einen Wettstreit auf Leinwand ausgefochten haben, sind erstarrt. Jetzt bilden sie einen Moment ab. Im Fall meiner brennenden Orchidee der Serie „Der Tanz“ zum Beispiel, die Millisekunden, in der etwas Schönes ein letztes Mal zu sehen ist, in Flammen aufgeht, etwas Unwiederbringliches im Moment des Verschwindens. Von Nahem sind die Bildoberfläche aus, wie erstarrte Lava oder wie jemand geschrieben hat, wie die schrundige Haut eines eingesalzenen Tieres. Die Bildoberfläche ist voller Spuren, Narben, sie erzählt ihre eigene Geschichte. Aber aus der Entfernung…
1 Kommentar
Eva Rautenbach
14/12/2020 03:47:51 pm
Beeindruckend. Die entstehenden Bilder intensiv und berührend.
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